Donnerstag, 24. November 2011

Attacke auf Palm City




Es sollte ja eigentlich ein netter früher Abend im "Guesthouse" eines österreichischen Energiekonzerns in Libyen sein. Dieses befindet sich in Palm City, ein 2009 eröffneter Compound, vorrangig für Ausländer errichtet. Aber nicht exklusiv, allerdings mangelte es libyschen Staatsbürgern meistens am nötige  Kleingeld um sich dort einzumieten. Dennoch, einige Libyer haben sich auch die Miete, die bei der kleinsten Wohneinheit (Apartment) bei ca. 3.500 Euro /Monat begann, leisten können. Seit der Rückkehr einiger Firmen, vieler Botschaften und der UN die ihr Quartier dort bezogen haben, sind die Mieten um 50% gestiegen. Wenn man nicht bereit ist mindestens 6.000 Euro / Monat zu zahlen, braucht man sein Glück gar nicht versuchen. Die Auslastung mit derzeit 70% gibt dem Betrieber, der maltesisch-libyschen Corinthia Gruppe recht. Mitfinanziert ist das Projekt übrigens von einer österreichischen Bank.

Aber nun zum Abend des 21.November:
Als ich kurz nach 21h nach Hause aufbrechen wollte (ich wohne ca. 5 Fahrminuten entfernt) betrachteten wir auf der Terasse noch das Meer. Es begannen sich sporadische Schüsse in die Abendstille zu mischen. Diese wurden immer heftiger und wir begannen auch die Leuchtspurmunition der FLAK Geschütze zu sehen, die in ziemlich flacher Bahn über unser Haus zischten. Als dann hinter dem Haus Pistolenschüsse zu hören waren, glaubten wir nicht mehr daran, dass es sich um Freudenfeuer handelte.
Ein Anruf einer anderen österreichischen Firma, die ebenfalls in Palm City Quartier bezogen hat, brachte Aufklärung: 30-40 Kämpfer aus Misrata begehrten Einlass und wollten in dem perfekten Compound ein paar Tage verbringen. Die Mitarbeiter jener Firma beobachteten das Geschehen erste Reihe Fussfrei, haben Sie Ihr Appartment doch direkt neben der Einfahrt.
Da man mit Worten nicht weiterkam, und die FF (Freedom Fighters) aus dem Osten Libyens die in Palm City selbst für Sicherheit sorgten, auch meinten, dass dies nicht gehe, folgten auf Worte Taten. Ein kleines Gefecht, das ca. 45 Minuten dauerte, entwickelte sich. Innerhalb Palm City rückten die schwer bewaffneten Sicherheitskräfte der diversen Botschaften aus und begaben sich in Gefechtsbereitschaft.
Immer wieder erhielten wir vom Eingang Situationsberichte, scheinbar schaffte man es den Compound erfolgreich zu verteidigen.
Wir verdunkelten das Zimmer, zogen die Vorhänge vor und warteten auf die Sicherheitsfirma, die uns in einem ersten Plan evakuieren wollte (schon fein, eine so perfekt organisierte Sicherheitspolitik einer Firma hautnah mitzuerleben).
Nach der Beurteilung der Lage, wurde allerdings beschlossen die Nacht in Palm City zu verbringen, den die Attacke richtete sich nicht gegen Ausländer.
Franco (ein Mitarbeiter der ö.Firma) schaltete gleich Aljazeera ein, denn er war überzeugt davon, dass zumindestens Anita Mc Naught von diesem Sender gleich von diesem Überfall berichten würde. Aber nein, stattdessen wurde tatsächlich die ganze Zeit vom Tahrir Platz in Kairo berichtet...
Gegen Mitternacht war der ganze Zauber vorbei.
Am nächsten Tag konnte man bei der Einfahrt zu Palm City die Einschusslöcher des Gefechts sehen.
Die offizielle Version der Geschehnisse war, dass es sich um ein Wortgefecht handelte und in der Hitze der Diskussion sich ein paar Freudenschüsse gelöst hatten. Wer es in Palm City miterlebt hat, sieht dies glaube ich ein wenig anders.
Schade jedenfalls, den Vorfälle wie dieser stärken nicht unbedingt die langsam und zart wachsende Blume des Vertrauens jener Firmen, die wieder nach Libyen zurückgekehrt sind. 

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